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Die Kraft der Weiblichkeit und Hingabe

Die Kraft der Weiblichkeit und Hingabe

Die Kraft der Weiblichkeit scheint ein Widerspruch in sich zu sein. Mit Kraft verbinden wir eher männliche Qualitäten wie Durchsetzung, Kampf oder Herrschaft. Weiblichkeit scheint eher eine Schwäche zu sein. Dieser Artikel zeigt, dass vielleicht gerade diese Denkweise die Wurzel von vielerlei Übel in der Welt ist, und wie wir auch ganz anders denken und vor allem fühlen können.

Die Kraft der Weiblichkeit

Unwillkürlich, dem Einfluss der FeministInnen trotzend, verbinden wir Weiblichkeit eher mit Unterwürfigkeit und Schwäche. Auch die Hingabe scheint nicht wirklich hoch im Kurs zu stehen. Wer von den Herrschern, oder provokativer gefragt, wer von den Männern wünscht sie sich nicht. Man(n) wünscht sie sich aber nicht für sich, sondern für die anderen, insbesondere für die Frauen. Genau das suggerieren uns althergebrachte männlich archaische Macht-Phantasien, die unsere Triebe lenken.

An diesem Punkt mögen wir spüren, wie unangenehm diese Themen sind, wie verdreht unser gesellschaftlicher Mainstream denkt und fühlt. Wirkliche Alternativen aber fehlen weitgehend. Sie führen uns direkt in unbekannte und gefährlich wirkende Gefilde. In höchst ungewohnte Perspektiven, die vieles, zu vieles womöglich in Frage stellen: Was, wenn Schwäche eigentlich Stärke ist? Was, wenn Demut eigentlich das ist, was unsere Welt so bitter nötig hat? Was, wenn das Männliche gar nicht so über alles erhaben ist und wenn ihm genau das fehlt, wovor es sich womöglich am meisten fürchtet: Hingabe?

Formen der Hingabe

Die Hingabe wird von einer inneren Begeisterung, einem inneren Feuer entfacht. Sie ist die Tür zur Liebe. So sind denn auch die Begriffe Hingabe und Liebe eng verwandt.

Ein Enthusiasmus oder eine Leidenschaft ergreift uns und wir fühlen uns angezogen von einem Menschen oder einer Sache. Geprägt wurde der Begriff Hingabe durch die christliche Theologie. Heute wirkt der Begriff etwas verstaubt. In anderen, vor allem östlichen Religionen, kommt die Hingabe oder Devotion deutlich besser weg als in unserem Mainstram-Denken. So spricht man im Osten bei hingebungsvollen religiösen oder spirituellen SchülerInnen von Devotees. In Indien ist der Weg des Bhakti, der Weg der spirituellen Hingabe (Bhakti-Yoga) einer von vier Wegen der Vereinigung mit dem Göttlichen.

Grob können wir drei Formen der Hingabe unterscheiden.

Körperliche und sinnliche Hingabe (vertikal absteigend)

Die körperliche Hingabe ist eine Hingabe an unsere Sinne, an den Genuss. Die Griechen sprachen hier von Hedonismus. Diese Philosophie geht davon aus, dass das Leben aus Steigerung von Lust und Vermeidung von Schmerz bestehen sollte. Sie kann im Übermass auch in Genuss-Sucht oder überhaupt Sucht enden. Die passende Liebeskraft in diesem Sinne ist Eros.

In der indischen Philosophie, dem Hinduismus und später Buddhismus, ist die Lehre des Tantra bekannt. Der Tantrismus verbindet die Sinnlichkeit mit Spiritualität.

Soziale Hingabe und der Enthusiasmus (horizontal)

Die horizontale Hingabe meint die liebende und freundschaftliche Hinwendung zu unseren Nächsten. Die Griechen sprachen hier von Philia. Diese Ebene fand durch die Lehre der Nächstenliebe auch im Christentum eine hohe Aufmerksamkeit.

Formen der Hingabe und Liebe

Spirituelle Hingabe (vertikal aufsteigend)

Die spirituelle Hingabe (griechisch Agape, göttliche Liebe) richtet sich auf Gott oder das Göttliche. Letztlich ist diese Hingabe radikal und führt dazu, das Ego zu überwinden (>siehe hier). Spirituelle Hingabe meint im positiven Sinne eine Schicksals-Ergebenheit. Es meint das anzunehmen, was ist.

In einem übertriebenen Sinne kann dies zu Fatalismus führen. Der Fatalist ist gefanen in Resigation und bemüht sich schon gar nicht mehr. Der im positiven Sinne Schicksals-Ergebene tut alles mit bestem Wissen und Gewissen und nimmt alles so, wie es kommt. Im Daoismus spricht man von Wu Wei, dem aktiven Nichts-Tun. Eine kleine Anekdote von Eckhart Tolle aus dem Leben von Jiddu Krishnamurti illustriert dies amüsant:

Anekdote von Eckhart Tolle zum Geheimnis von Jiddu Krishnamurti

Die Hingabe ist keine schrille Präsenz. Sie ist eine bescheidene, stille Wegbegleiterin, die auch schnell und vielleicht all zu oft übersehen wird. Ich bin überzeugt, dass sie ein zentraler Schlüssel ist für die Heilung von uns selbst und unserer Gesellschaft.