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Sinnige Kurzgeschichten

Der Apostel Johannes und das Rebhuhn

Es heißt, dass der alte Apostel Johannes gern mit seinem zahmen Rebhuhn spielte.

Nun kam eines Tages ein Jäger zu ihm. Verwundert sah er, dass ein so angesehener Mann wie Johannes einfach spielte. Konnte der Apostel seine Zeit nicht mit viel Wichtigerem als mit einem Rebhuhn verbringen?

So frage er Johannes: „Warum vertust du deine Zeit mit Spielen? Warum wendest du deine Aufmerksamkeit einem nutzlosen Tier zu?“

Verwundert blickte Johannes auf. Er konnte gar nicht verstehen, warum er nicht mit dem Rebhuhn spielen sollte und so sprach er: „Weshalb ist der Bogen in deiner Hand nicht gespannt?“

Der Jäger antwortete: „Das darf nicht sein. Ein Bogen verliert seine Spannkraft, wenn er immer gespannt wäre. Er hätte dann, wenn ich einen Pfeil abschießen wollte, keine Kraft mehr. Und so würde ich natürlich das anvisierte Ziel nicht treffen können.“

Johannes sagte daraufhin: „Siehst du, so wie du deinen Bogen immer wieder entspannst, so müssen wir alle uns immer wieder entspannen und erholen. Wenn ich mich nicht entspannen würde, indem ich z.B. einfach ein wenig mit diesem Tier spiele, dann hätte ich bald keine Kraft mehr, all das zu tun, was notwendig ist. Nur so kann ich meine Ziele erreichen und das tun, was wirklich wichtig ist.“

Wie misst man einen Wolkenkratzer mit einem Hydrometer: Eine Anekdote von Nils Bohr

Die folgende Anekdote soll sich tatsächlich während einer Physikprüfung an der Universität von Kopenhagen abgespielt haben:

Die Prüfungsfrage lautete: „Beschreiben Sie, wie man die Höhe eines Wolkenkratzers mit einem Barometer feststellt.“

Ein Kursteilnehmer antwortete: „Sie binden ein langes Stück Schnur an den Ansatz des Barometers, senken dann das Barometer vom Dach des Wolkenkratzers zum Boden. Die Länge der Schnur plus die Länge des Barometers entspricht der Höhe des Gebäudes.“

Diese in hohem Grade originelle Antwort entrüstete den Prüfer dermaßen, dass der Kursteilnehmer sofort entlassen wurde. Dieser appellierte an seine Grundrechte mit der Begründung, dass seine Antwort unbestreitbar korrekt war, und die Universität ernannte einen unabhängigen Schiedsrichter, um den Fall zu entscheiden. Der Schiedsrichter urteilte, dass die Antwort in der Tat korrekt war, aber kein wahrnehmbares Wissen von Physik zeige. Um das Problem zu lösen, wurde entschieden, den Kursteilnehmer nochmals herein zu bitten und ihm sechs Minuten zuzugestehen, in denen er eine mündliche Antwort geben konnte, die mindestens eine minimale Vertrautheit mit den Grundprinzipien von Physik zeigte. 

Für fünf Minuten saß der Kursteilnehmer still, den Kopf nach vorne und in Gedanken versunken. Der Schiedsrichter erinnerte ihn, dass die Zeit lief, worauf der Kursteilnehmer antwortete, dass er einige extrem relevante Antworten hatte, sich aber nicht entscheiden könne, welche er verwenden solle. Als ihm geraten wurde, sich zu beeilen, antwortete er wie folgt:

„Erstens könnten Sie das Barometer bis zum Dach des Wolkenkratzers nehmen, es über den Rand fallen lassen und die Zeit messen, die es braucht, um den Boden zu erreichen. Die Höhe des Gebäudes kann mit der Formel H=0.5g x t im Quadrat berechnet werden. Das Barometer wäre allerdings dahin!

Oder, falls die Sonne scheint, könnten Sie die Höhe des Barometers messen, es hochstellen und die Länge seines Schattens messen. Dann messen Sie die Länge des Schattens des Wolkenkratzers, anschließend ist es eine einfache Sache, anhand der proportionalen Arithmetik die Höhe des Wolkenkratzers zu berechnen.

Wenn Sie aber in einem hohem Grade wissenschaftlich sein wollen, könnten Sie ein kurzes Stück Schnur an das Barometer binden und es schwingen lassen wie ein Pendel, zuerst auf dem Boden und dann auf dem Dach des Wolkenkratzers. Die Höhe entspricht der Abweichung der gravitationalen Wiederherstellungskraft T=2 pi im Quadrat (l/g).

Oder, wenn der Wolkenkratzer eine äußere Nottreppe besitzt, würde es am einfachsten gehen, da hinauf zu steigen, die Höhe des Wolkenkratzers in Barometerlängen abzuhaken und oben zusammenzählen.

Wenn Sie aber bloß eine langweilige und orthodoxe Lösung wünschen, dann können Sie selbstverständlich das Barometer benutzen, um den Luftdruck auf dem Dach des Wolkenkratzers und auf dem Grund zu messen und den Unterschied bezüglich der Millibare umzuwandeln, um die Höhe des Gebäudes zu berechnen.

Aber, da wir ständig aufgefordert werden, die Unabhängigkeit des Verstandes zu üben und wissenschaftliche Methoden anzuwenden, würde es ohne Zweifel viel einfacher sein, an der Tür des Hausmeisters zu klopfen und ihm zu sagen: „Wenn Sie ein nettes neues Barometer möchten, gebe ich Ihnen dieses hier, vorausgesetzt Sie sagen mir die Höhe dieses Wolkenkratzers.“

Der Kursteilnehmer war Niels Bohr. Mit seinen kreativen Antworten zeigte er, wie intelligentes kreatives Denken Restriktionen unseres eindimensionalen Denkens sprengt: Eine Grundovraussetzung für Genialität und wirkliche Lösungsfindung.


Arbeit als sichtbar gemachte Liebe, Kalil Gibran, Der Prophet

Ihr arbeitet, um mit der Erde und der Seele der Erde Schritt zu halten.
Denn müßig sein heisst, den Jahreszeiten fremd zu werden und auszuscheren aus dem Lauf des Lebens, das in Würde und stolzer Ergebung der Unendlichkeit entgegen schreitet.
Wenn ihr arbeitet, seid ihr eine Flöte, durch deren Herz sich das Flüstern der Stunden in Musik verwandelt.
Wer von euch wäre gern ein Rohr, stumm und still wenn alles andere im Einklang singt?
Es ist euch immer gesagt worden, Arbeit sei ein Fluch und Mühsal ein Unglück.
Aber ich sage euch, wenn ihr arbeitet, erfüllt ihr einen Teil des umfassendsten Traums der Erde, der euch bei der Geburt dieses Traums zugeteilt worden ist.
Und wenn ihr Mühsal auf euch nehmt, liebt ihr das Leben wahrhaft, und das Leben durch Mühsal zu lieben, heißt mit dem innersten Geheimnissen des Lebens vertraut zu sein.
Aber wenn ihr in eurem Schmerz die Geburt ein Leid nennt und die Erhaltung des Fleisches einen Fluch, der euch auf der Stirn geschrieben steht, dann erwidere ich, dass nur der Schweiß auf eurer Stirn das wegwaschen wird, was darauf geschrieben steht.
Es ist euch gesagt worden, das Leben sei Dunkelheit, und in eurer Erschöpfung gebt ihr wieder, was die Erschöpften sagten.
Und ich sage, das Leben ist in der Tat Dunkelheit, wenn der Trieb fehlt, und aller Trieb ist blind, wenn das Wissen fehlt.
Und alles Wissen ist vergeblich, wenn die Arbeit fehlt, und alle Arbeit ist leer, wenn die Liebe fehlt; und wenn ihr mit Liebe arbeitet, bindet ihr euch an euch selber und an einander und an Gott.
Und was heißt, mit Liebe arbeiten?
Es heißt, das Tuch mit Fäden weben, die aus euren Herzen gezogen sind, als solle euer Geliebter dieses Tuch tragen.
Es heißt, ein Haus mit Zuneigung bauen, als solle eure Geliebte in dem Haus wohnen.
Es heißt, den Samen mit Zärtlichkeit säen und die Ernte mit Freude einbringen, als solle euer Geliebter die Frucht essen.
Es heißt, allen Dingen, die ihr macht, einen Hauch eures Geistes einflößen und zu wissen, dass die selig Verstorbenen um euch stehen und zusehen.
Oft habe ich euch auch sagen hören, als sprächet ihr im Schlaf:
„Der mit Marmor arbeitet und im Stein die Gestalt seiner Seele wiederfindet, ist edler als der,der den Boden pflügt.
Und der den Regenbogen ergreift, um ihn auf einer Leinwand zum Ebenbild des Menschen zu machen, ist mehr, als der, der die Sandalen für unsere Füße macht.“
Aber ich sage nicht im Schlaf, sondern in der Überwachheit der Mittagsstunde, dass der Wind zu den riesigen Eichen nicht süßer spricht als zum geringsten aller Grashalme; und der allein ist groß, der die Stimme des Windes in ein Lied verwandelt, das durch seine Liebe noch süßer wird.
Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe.
Und wenn ihr nicht mit Liebe, sondern nur mit Widerwillen arbeiten könnt,
lasst besser eure Arbeit und setzt euch ans Tor des Tempels und nehmt Almosen von denen, die mit Freude arbeiten.
Denn wenn ihr mit Gleichgültigkeit Brot backt, backt ihr ein bitteres Brot, das nicht einmal den halben Hunger des Menschen stillt.
Und wenn ihr die Trauben mit Widerwillen keltert, träufelt eure Abneigung ein Gift in den Wein.
Und auch wenn ihr wie Engel singt und das Singen nicht liebt, macht ihr die Ohren der Menschen taub für die Stimmen des Tages und die Stimmen der Nacht.


Zeit für die wichtigen Dinge im Leben

Ein Professor stand vor seiner Philosophie-Klasse und hatte einige Gegenstände vor sich. Als der Unterricht begann, nahm er wortlos einen sehr großen Blumentopf und begann diesen mit Steinen zu füllen. Er fragte die Studenten, ob der Topf nun voll sei. Sie bejahten es.
Dann nahm der Professor einen Behälter mit Kieselsteinen und schüttete diese in den Topf.
Er bewegte den Topf sachte und die Kieselsteine rollten in die Leerräume zwischen den großen Steinen. Dann fragte er die Studenten wiederum, ob der Topf nun voll sei. Sie stimmten zu.
Der Professor nahm als nächstes eine Dose mit Sand und schüttete diesen in den Topf. Natürlich füllte der Sand den kleinsten verbleibenden Freiraum. Er fragte wiederum, ob der Topf nun voll sei. Die Studenten antworteten einstimmig „Ja“.
„Nun“, sagte der Professor, „Ich möchte, dass Sie diesen Topf als Repräsentation Ihres Lebens ansehen: Wenn man nicht zuerst mit einigen großen Steinen den Krug füllt, kann man sie später nicht mehr hineinsetzen. Was sind die großen Steine in Ihrem Leben?
Ihre Kinder, Menschen die sie lieben, ihr Job, ihre Träume, unvergessliche Anlässe, Dinge zu tun, die sie lieben, Zeit für sich selbst, ihre Gesundheit, ihre Lebenspartner?
Denken sie immer daran, die großen Steine zuerst in ihr Leben zu bringen, sonst bekommen sie nicht mehr alle unter.
Wenn man zuerst mit den unwichtigen Dingen beginnt, den Kieselsteinen oder dem Sand, dann füllt man sein Leben mit kleinen Dingen und beschäftigst sich mit Sachen, die keinen Wert haben und man wird nie die wertvolle Zeit haben für große und wichtige Dinge, die großen Steine.“


Man wird sehen…

Es war einmal ein Junge, der bekam zu seinem vierzehnten Geburtstag ein Pferd, und alle im Dorf sagen: „Oh, wie wunderbar! Der Junge hat ein Pferd!“, und der Zen-Meister sagt: „Man wird sehen.“

Zwei Jahre später fällt der Junge vom Pferd, bricht sich das Bein, und alle im Dorf schreien: „Wie grauenvoll!“ Der Zen-Meister sagt: „Man wird sehen.“

Dann bricht Krieg aus und alle jungen Männer müssen in den Kampf, bis auf ihn, wegen seines kaputten Beins, und alle im Dorf sagen: „Wie wunderbar!“, und der Zen-Meister sagt: „Man wird sehen.“


Vielbeschäftigt bist du und doch allezeit gesammelt, Zen Überlieferung

Ein erfahrener Mönch ward gefragt: „Viel beschäftigt bist du, doch allezeit gesammelt. Was ist dein Geheimnis?“ Dieser antwortete: „Wenn ich stehe, dann stehe ich. Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich sitze, dann sitze ich. Wenn ich esse, dann esse ich. Wenn ich spreche, dann spreche ich.“ Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort und sagten: Das gleiche tun auch wir. Wie kommt es, dass du so glücklich bis in all dem, wir aber nicht?“ Er antwortete:  „Vielleicht ist dies der Grund: Wenn ist steht, dann geht ihr schon. Wenn ihr geht, dann lauft ihr schon. Wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel.“


Ich baue eine Kathedrale

Vor vielen Jahrhunderten arbeiteten drei Maurer an den Grundmauern einer Kathedrale. Einige Steine mussten, damit sie perfekt in die Mauer passten, mit dem Hammer bearbeitet werden. Ein Passant kam vorbei und fragte die drei, was sie da tun.

„Das sehen Sie doch“, erwiderte der erste mürrisch. „Ich bearbeite einen Stein.“

Und der zweite Maurer, der das gleiche tat, sagte eifrig: „Ich errichte eine Mauer.“

Der dritte Maurer allerdings antwortete stolz und nachdenklich: „Ich baue eine Kathedrale.“


Der Kampf der zwei Wölfe, Indianische Weisheit

Eines Abends erzählte ein alter Cherokee-Indianer seinem Enkelsohn über einen Kampf, der im Menschen vor sich geht. Er sagte: „Mein Sohn, dieser Kampf geschieht zwischen zwei ‚Wölfen‘ in uns allen. Der eine ist: Das Übel: Zorn, Neid, Eifersucht, Trübsal, Klagen, Habsucht, Arroganz, Selbstmitleid, Vergehen, Groll, Minderwertigkeitsgefühl, Lügen, falscher Stolz, Überheblichkeit, Ego. Der andere ist: Das Gute: Freude, Frieden, Liebe, Hoffnung, Gelassenheit, Demut, Freundlichkeit, Güte, Einfühlungsvermögen, Großmut, Wahrheitsliebe, Mitgefühl und Vertrauen.“ Der Enkel dachte eine Minute lang darüber nach und fragte dann seinen Großvater: „Und welcher ‚Wolf‘ gewinnt?“ Der alte Cherokee antwortete geradeheraus: „Der, den du fütterst.“ 


Zwei Mönche und die richtige Frage

Es waren einmal zwei Mönche, die es einfach nicht lassen konnten, während des Gebetes zu rauchen. Weil sie aber das schlechte Gewissen plagte, schrieben die beiden einen Brief an den Bischof, um seine Meinung zu diesem Fall zu erfragen. Als Antwort erhielt der eine Möch eine Erlaubnis, der andere jedoch ein Verbot. Darüber wunderten sie sich sehr. 

Der Mönch, dem das Rauchen erlaubt wurde, fragte den anderen: „Was hast du denn den Bischof gefragt?“

„Ich habe gefragt, ob ich während des Betens rauchen darf!“

„Und ich,“ antwortete der, der die Erlaubnis bekommen hatte, „habe gefragt, ob ich während des Rauchens beten darf!“


Das einfache Leben

Ein amerikanischer Geschäftsmann stand am Landungssteg eines kleinen mexikanischen Küstendorfs, als ein kleines Boot mit nur einem Fischer an Bord anlegte. Im Boot langen einige grosse Gebflossen-Thunfische. Der Amerikaner lobte die Qualität der Fische und fragte den Mexikaner, wie lange er gebraucht habe, um sie zu fangen. 

Der Mexikaner antwortete: „Nicht sehr lange“. 

Daraufhin fragte der Amerikaner, warum er nicht länger draussen geblieben sei, um mehr Fische zu fangen. 

Der Fischer antwortete, er hätte genug, um den unmittelbaren Bedraf seiner Familie zu decken. Der Amerkianer fragte dann: „Aber was machst du mit dem Rest deiner Zeit?“ 

Der Fischer erwiderte: „Ich schlafe lange, fische ein wenig, spiele mit meinen Kindern und halte mit einer Frau Maria Siesta. Nachmittags spaziere ich dann ins Dorf, wo ich etwas Wein trinke und mit meinen Amigos Gitarre spiele. Ich habe ein reiches und erfülltes Leben, Senior.“

Der Amerikaner sagte spöttisch: „Ich bin Harvard-Absolvent und könnte dir helfen. Du solltest mehr Zeit mit Fischen verbringen und mit dem Gewinn ein grösseres Boot kaufen. Mit dem Gewinn aus dem grössere Boot könntest du mehrere Boote kaufen. Bald würdest du eine ganze Flotte von Fischerbooten haben. Anstatt den Fang an den Zwischenhändler zu verkaufen, könntest du direkt an den Verarbeiter verkaufen und schliesslich sogar deine eigene Konservenfabrik aufbauen. Du würdest dann das Produkt, die Verarbeitung und den Vertrieb kontrollieren, natürlich müsstest du dann dieses kleine Fischerdorf an der Küste verlassen und nach Mexico City ziehen, dann nach Los Angeles und schliesslich sogar nach New York City, wo du dein expandierendes Unternehmen leiten würdest.“

Der Fischer fragte: „Aber Senior, wie viel Zeit würde das alles beanspruchen?“

„Fünfzehn bis zwanzig Jahre.“

„Aber was ist dann Senior?“

Der Amerikaner lachte und sagte: „Dann kommt erst das Beste. Wenn die Zeit reif ist, würdest du deine Aktien von der Firma auf dem freien Markt verkaufen und sehr reich dabei werden. Dabei würdest du Millionen machen.“

„Millionen Senior? Und was dann?“

Der Amerikaner antwortete: „Dann könntest du dich zur Ruhe setzen und in ein kleines Fischerdorf an der Küste ziehen. Dort könntest du lange schlafen, ein wenig fischen, mit deinen Enkelkindern spielen, mit deiner Frau Siesta halten, am Abend ins Dorf spazieren, Wein trinken und mit deinen Freunden Gitarre spielen.“