Skip to main content

Die Lebensmatrix als innere Landkarte für integrale Persönlichkeits- und Bewusstseinsentwicklung


Stell dir vor, du bist in Wirklichkeit vielleicht ganz anders. Du weisst es aber noch nicht. Stell dir vor, du kannst der Mensch werden, der du wirklich bist, du kannst deine Wahrheit leben. Das ist das Abenteuer des Lebens, das ich gemeinsam mit dir entdecken möchte und die Lebensmatrix und das integrale Tiefencoaching weist dir den Weg.

Du hast genug davon, immer die gleichen Fehler im Leben zu machen? Du hast verschiedenes ausprobiert und Standard-Ratschläge von schillernden Propheten haben dich nicht weitergebracht? Dann könnte dich der Persönlichkeitsentwicklungs- und Bewusstwerdungs-Prozess des Integralen Tiefencoachings interessieren. Du wirst ohne Gebrauchsanweisung geboren und musst dir vieles im Leben mühsam erarbeiten. Die Lebensmatrix verhilft dir als innere Landkarte, dich selbst und deinen Weg so klar zu erkennen, wie du es bislang vielleicht nicht für möglich gehalten hast.

In diesem Artikel teilt Martin Bertsch seine spannenden Entdeckungen im Reich der menschlichen Seele und nimmt dich Schritt für Schritt auf eine Entdeckungsreise mit. Dabei entfaltet er die Grundlagen der integralen Philosophie bis hin zu praktischen Beispielen von tiefen transformativen Prozessen.

Teil 1: Die Gestaltwerdung der integralen Philosophie

Erste Anzeichen des Integralen

Pondicherry 1945: In einem leicht abgedunkelten Raum mit feucht-warmer Luft sitzt ein alter Mann mit schlohweissem Haar und einem ebensolchen langen Bart in ein wallendes ungefärbtes Baumwolltuch gehüllt, das locker über seiner linken Schulter liegt. Vor ihm auf einem Tisch stapeln sich verschiedene psychologische und philosophische Bücher. Aufmerksam tasten die dunklen Augen des betagten Weisen die Buchseiten eines Buches ab, das er vor sich in den Händen hält. Und dann, unvermittelt, wirft er das Buch in den vor ihm liegenden Stapel, so dass die Bücher vor dem Tisch zu Boden fallen.

Er, der indische Philosoph, Politiker, Hindu-Mystiker und Yogi Aurobindo Ghose, der in seiner weltoffenen und verbindenden Philosophie das hinduistische Weltbild und die vielfältigen Yoga-Traditionen in seinem Integralen Yoga auf zeitgenössische Weise integriert hat, muss enttäuscht feststellen, dass ihm eine Synthese der östlichen und westlichen Psychologie noch nicht gelingen kann, noch nicht so, wie er das als Vision vor seinem geistigen Auge gesehen hat. Zu undifferenziert und eingeschränkt erscheint ihm das Denken des Westens. Und doch weiss er, dass die Lösung für eine zentrale Herausforderung seiner spirituellen Lehre genau von da kommen muss.

Sri Aurobindos Herausforderung bestand darin, dass er in seinem Integralen Yoga eine Synthese aus traditionellen indischen Disziplinen wie dem Jnana-Yoga, Karma-Yoga und Bhakti Yoga geschafft hat. Vielmehr als das hat er aber im Sinne der südindischen Yoga-Tradition und Mystik eine Lehre ausgearbeitet, die die Hingabe und schrittweise Vereinigung mit Gott (oder Shakti, Parashakti, der höchsten kosmischen Macht) als Weg der Selbsterkenntnis beschreibt.  Dabei sollen Ego-Anteile des Menschen transformiert werden, um sich mit dem Strom der göttlichen Energie in der Verwirklichung des supramentalen Bewusstseins zu vereinen. Während die östliche Philosophie vorwiegend auf meditativen Praktiken fokussiert, sollte die westliche Psychologie nach Aurobindo Antworten auf die Frage liefern, wie das menschliche Ego überwunden werden kann.

Die Ausarbeitung der integralen Philosophie

Was Sri Aurobindo noch nicht wusste, ist, dass zur selben Zeit, fast 8000 km nord-westlich in Bern ein deutsch-schweizerischer Philosoph, Bewusstseinsforscher und späterer Professor für vergleichende Kulturlehre an einem wichtigen Schlüssel der menschlichen Seele arbeitet. Jean Gebser veröffentlichte sein Hauptwerk ‘Ursprung und Gegenwart’ 1949 – 1953 und postulierte darin auf der Grundlage seiner kulturphänomenologischen Betrachtung vier vergangene Bewusstseinsstrukturen, die in der europäischen Geschichte aufeinanderfolgen und den modernen Menschen konstituieren: Die archaische, die magische, die mythische und die mentale Struktur bilden ein Fundament, das in der Gegenwart zu wanken beginnt und der neuen integralen, aperspektivischen Bewusstseinsstruktur mehr und mehr Platz macht.

Im archaischen Bewusstseinszustand ist der Mensch in einem tiefschlafähnlichen, unbewussten Zustand des Verbunden-Seins und All-Eins-Seins mit Natur und Kosmos. Der Mensch im Paradies ist Sinnbild dieser Struktur.

Der magische Mensch befindet sich in einem traumhaften Dämmer-Zustand. Er fühlt sich immer noch verbunden mit den Naturkräften und Mächten, die er versucht durch Bann und Beschwörung (Gebeten) zu besänftigen und zu lenken.

Das mythische Bewusstsein ist bewusstseinsheller. Der Mensch erfährt die Welt als Polarität, als verbundene Kräfte im Spannungsfeld etwa von männlich und weiblich. Innen und Aussen sind verbunden, die Welt durch Zyklen und das Kreisen der Sterne bestimmt.

Beim mentalen oder rationalen, wachbewussten Menschen zerfällt die Welt in eine Dualität unverbundener Gegensätze von Innen und Aussen, Gut und Böse, Entweder-Oder… Das Subjekt betrachtet und vermisst die räumlich dreidimensionale, vermessbare Objektwelt, der er sich unterwirft.

Im integralen überbewussten Bewusstsein wird der Mensch selber zum aktiven Schöpfer seiner Wirklichkeit. Er überwindet die Kluft des mentalen Menschen, es gilt nun sowohl aus auch, die vorhergehenden Bewusstseinsschichten vereinen sich zu einem Ganzen.

Die Weiterentwicklung der integralen Theorie

Unabhängig von Gebser entwickelte der US-amerikanische Psychologie-Professor Claire W. Graves ab 1952 wohl auch unter Einfluss seines Kollegen Prof. Abraham Maslow eine eigene Theorie der menschlichen Entwicklung, die er ‘The Emergent Cyclical Levels of Existence Theory’ (‘Die zyklisch auftauchenden Ebenen der Existenztheorie’) nannte. Dieses Modell beschreibt auf der Grundlage der systemischen Theorie, «dass der Mensch infolge der zwischen äusseren Bedingungen und innerem neuronalen System stattfindenden Interaktion neue bio-psycho-soziale Aktionssysteme bildet, die aufgetretene existentielle Probleme lösen und fähig sind, das neue Szenario zu verstehen.» (Wikipedia).

Christopher Cowan und Don Beck arbeiteten die Grundlagen ihres Mentoren Graves in den 90er Jahren weiter aus und nutzten das Modell mit einer bildhaft eingängigen Spirale als Symbol der Entwicklung und stellten die Bewusstseinsentwicklungsstufen in verschiedenen Farben (als Wertsystem oder Mem beschrieben) unter dem Namen ‘Spiral Dynamics’ dar. Die Stufen können wie folgt beschrieben werden:

beige: archaisch, instinktiv, überlebensbestimmt, selbsttätig

purpur (ab 50’000 v Chr.): animistisch, tribalisch, magisch

rot (ab 7’000 v. Chr.): egozentrisch, ausbeuterische Gewalt-Götter 

blau (ab 3’000 v. Chr.): absolutistisch, gehorsam, mythisch, autoritär, ordentlich

orange (ab 1700 n. Chr.): vielfältig, strategisch, wissenschaftlich, effizient

grün (ab 1850): pluralistisch, relativistisch, Egalität, kommunitaristisch

gelb (ab 1950): systemisch-integrativ

türkis (ab 1970): holistisch

koralle: weitere zukünftige Entwicklungsstufen

Das Modell des Spiral Dynamics adressiert vor allem Manager und fand im Unternehmens-Entwicklungskontext Resonanz.

Die Vollendung der Integralen Theorie

Unter Bezugnahme der verschiedenen integralen Vordenker gelang Ken Wilber vor der Jahrtausend-Wende eine Synthese der Integralen Theorie. In zahlreichen Buchveröffentlichungen ab 1977 schaffte er ein Gesamtbild einer Vielzahl von Theorien und realisiert eine Vereinigung von Religion und Wissenschaft, von Ost und West. Wilber verstand sich als Mystiker, der die Wichtigkeit einer postrationalen, non-dualen Spiritualität, wie sie etwa durch das Wirken des spirituellen Lehrers Adi Da Samaraj verkörpert wurde, ins Zentrum stellte. Aus dem Impuls seiner weitreichenden Arbeit entstand eine weltweite integrale Bewegung, die um die Jahrtausend-Wende verschiedene Suchende vereinte und ihnen eine Perspektive gab.

Wilber gelang es in seiner Gesamtschau komplexe Lebensbereiche prägnant zu benennen. In Bezug auf die Persönlichkeits-Entwicklung des Menschen nennt er vier integrale Dimensionen:

Grow up (Aufwachsen): Bewusstseins-Entwicklung entlang der Bewusstseins-Ebenen wie in Spiral Dynamics beschrieben.

Clean up (Aufräumen): Traumata und seelische Verletzungen mittels therapeutischer Methoden integrieren und transzendieren.

Wake up (Aufwachen): Durch Meditation und Bewusstseinserweiterung Spiritualität entwickeln und Selbstverwirklichung realisieren.

Show up (In Erscheinung treten): In der Welt durch menschliche Reife wirksam werden und der Welt Gutes tun.

Rezeption und Herausforderungen der Integralen Theorie

Von der Bewusstseinsentwicklung her erlebte in der spät-rationalen Phase mit der 68-er Bewegung das pluralistische Wertesystem (Strukturstufen-grün) als Vorbereitung auf das Erscheinen des integralen Bewusstseins einen wesentlichen Durchbruch. Das wirtschaftsdominierte Modell der industriell geprägten Wertelandschaft der westlichen Welt zerbröckelte und es traten Werte wie Selbstverwirklichung und eine tiefere spirituelle Suche in den Vordergrund.

Freilich ist in den Anfängen dieses spirituellen Wandels eine gewisse Hilflosigkeit auszumachen, die in Drogenexzessen, esoterischen Sekten oder sexueller Willkür ihre Auswüchse fand. In das vorhandene spirituelle Vakuum der säkularisierten Welt sprangen nun nicht wenige Gurus und spirituelle Meister, die nach jahrtausendalten Modellen in Ashrams und Meditations-Zentren vor allem hinduistische und buddhistische Lehren und Praktiken vermittelten.

Auch Ken Wilber empfahl, sich für spirituelle Unterweisungen einem Meister anzuschliessen. Doch wird es ihm nicht entgangen sein, dass in der Asymmetrie von Lehrer und Schüler letzterer oft mehr Selbstverantwortung abgibt, als es für sein spirituelles Wachstum des Suchenden förderlich ist. Auf der Suche nach zeitgemässen Formen widmete sich Ken Wilber fortan als einer der wenigen zeitgenössischen Universal-Genies, die wissenschaftliches Denken und Spiritualität verbinden können, intensiven vergleichenden wissenschaftlichen Studien und versuchte so die akademische Welt zu inspirieren, in eine transrationale integrale Wissenskultur fortzuschreiten.

Die Brillanz seiner integral-holistischen Gesamtschau und das Verbinden von östlichen Weisheiten und westlicher Wissenschaft wurde allerdings in der akademischen Welt mit wenig Beifall aufgenommen und es zeigte sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend, dass nur wenige Intellektuelle verstanden, was Wilber vermitteln wollte. Der akademische Nährboden konnte aufgrund fehlender spiritueller Praxis und Ernsthaftigkeit bezüglich eines spirituellen Wachstums noch kein Fundament eines integralen Denkens und Bewusstseins sein. Vor diesem Hintergrund wurde eine gewisse Frustration und Orientierungslosigkeit in der integralen Kultur zunehmend spürbar und man darf gespannt sein, wie sich die Bewegung weiterentwickelt. 

Würdigung, aktuelle Entwicklungen und Kritik

Die integrale Theorie ist Grundlage wichtiger Erkenntnisse in der postmodernen Welt, die sich in einem vielschichtigen Umbruch befindet. Trotzdem scheint es so, dass wie oben beschrieben die integrale Bewegung an Schwung verliert und sich in einem akademischen Diskurs mit politischen oder abstrakten Theorien zu verlieren droht und dabei lebenspraktische und spirituelle Aspekte auf der Strecke bleiben. Überhaupt scheint der Transfer der integralen Erkenntnisse in die Welt des individuellen Reifens eine zentrale Herausforderung zu sein, die in der integralen Bewegung für eine zukünftige Entwicklung wichtig erscheint. Dem Ausarbeiten von anwendbaren Tools auf der Praxis-Ebene kommt nach der kognitiven Vorarbeit von Wilber damit grosse Bedeutung zu. Im Bereich der Persönlichkeitspsychologie etwa gibt Wilber Impulse, die erst noch umzusetzen sind.

In Wilbers Buch ‘Integrale Psychologie’ beschreibt er etwa ein dreidimensionales Persönlichkeits-Typen-Modell als Grundlage der Persönlichkeitsentfaltung. Er spricht dabei von vertikalen Typen, die den Bewusstseinsstufen (Spiral Dynamics) entsprechen und horizontale Typen, die durch unterschiedliche Charakter- und Temperaments-Ausprägungen unabhängig von Entwicklungsstufen zur Vielfalt des Mensch-Seins beitragen (Integrale Psychologie, S. 71 ff)

Während Wilber in seinem Werk den Fokus ausdrücklich auf die vertikale Typologie und die Bewusstseinsstufen legt, wird der Bereich der horizontalen Typen nur kurz unter Bezugnahme auf Typen-Modelle von C.G. Jung und dem Enneagramm erwähnt. Das Enneagramm, das in der heutigen Form 1916 vom griechisch-armenischen Esoteriker Georges I. Gurdjieff vorgestellt wird, ist ein altes Modell, das Gurdijeff im Sufismus kennengelernt und unter seinen Schülerinnen und Schülern verbreitet hat. Da das Enneagramm in Integralen Kreisen weit verbreitet ist, möchten wir hier kurz darauf eingehen.

Das Enneagramm und seine Grenzen als Typen-Modell

Es ist nachvollziehbar, dass das Enneagramm mit seiner Vielschichtigkeit und seinen spirituellen Bezügen gut in die Welt der integralen Philosophie hineinpasst. Tatsächlich entwickelten auch Don Richard Riso und später Russ Hudson, frühe Protagonisten in der Entwicklung des Enneagramms als menschliches Typen-Modell, 9 Entwicklungsstufen der einzelnen Typen (von gestört bis gesund) und näherten sich damit Wilbers Impuls eines dreidimensionalen Typenmodelles in einer gewissen Form an, ohne die Grundidee vollständig umzusetzen.

Verschiedene Persönlichkeits-Typen-Modelle haben einen eher statischen Charakter. Das Enneagramm hingegen hat bereits einen gewissen dynamischen Aspekt im Sinne von Risiken eines Typs bezüglich Rückschritten und Entwicklungsfelder. Der enge Bezugsrahmen eines menschlichen Typus wird zudem erweitert mit einem Flügel eines benachbarten Feldes als Untertyp. Zusätzliche Kategorien von Triebvarianten oder Entwicklungsstufen führen zu einem komplexen Modell.

Das neunspitzige Modell des Enneagramms strahlt zweifelsohne eine mystische, geheimnisvolle Faszination aus, seine Grundstruktur ist aber logisch schwer durchschaubar. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass die Wissenschaft diesem Konzept kritisch gegenübersteht. Auch religiöse Institutionen, in denen das Enneagramm zeitweise stark verankert gewesen ist, haben ein gespaltenes Verhältnis zu diesem Typen-Modell.

Aus Distanz beobachtet, können wir uns die Bedeutung, die das Enneagramm in vielen Kreisen hat, gut erklären. In Beratungen und Coachings ist es eine zentrale Kompetenz, jenseits von Selbstdarstellungen und Selbstverständnissen von Klienten Eindrücke und Hypothesen zu bilden, um ihre problemfokussierten Sichtweisen auch infrage stellen zu können. Es gibt dafür verschiedenste Systematisierungs-Ansätze. Dafür ist es angebracht, in unserer eigenen abendländischen Geistesgeschichte zurückzublenden und frühe Ansätze der Temperamenten- und Charakter-Lehre zu verstehen.  

Die westliche Tradition von Menschen-Typen-Modellen und Entwicklungen in der Entwicklungspsychologie

Das Bestreben, den Menschen in seinem Wesen verstehen und beschreiben zu wollen und folgedessen auch gewissermassen mit Begrifflichkeiten und Kategorien zu versehen, reicht in unserer okzidentalen Geistesgeschichte weit zurück und treibt verschiedene Blüten. So versucht man in der Astrologie bereits in vorchristlicher Zeit weltumspannend (China, Indien, Europa, Maya-Kultur), nach Zusammenhängen zwischen Gestirns-Formationen und der menschlichen Seele zu suchen.

In der westlichen Philosophie-Geschichte führt der Vorsokratiker und antike griechische Philosoph Empedokles die Vier-Elemente Lehre ein. Demnach bestehe die ganze Schöpfung aus den Urstoffen Feuer, Luft, Wasser und Erde. Diese bahnbrechende Lehre prägt das ganze abendländische Denken nachhaltig bis ins 19. Jahrhundert.

So formt etwa Hippokrates von Kos aus dieser Idee seine Vier-Säfte-Lehre, die Grundlage der Humoralpathologie und der ganzen abendländischen Medizin bis ins 19. Jahrhundert. Mit der antiken persischen Unani-Medizin und der indischen Ayurvedischen Medizin beherrscht somit bis ins späte Mittelalter ein einziger Grundgedanke eines Kräfte-Gleichgewichtes als zentralem Gesundheitsfaktor das medizinische Verständnis der halben Welt. Nach Aristoteles ist es Galenos von Pergamon, der nach der Zeitenwende diese Idee und vor allem auch den Impuls von Hippokrates aufgreift und zur Temperamenten-Lehre verdichtet. Die vier griechischen Temperamente beschäftigen später auch Goethe im Zusammenhang mit der Farbenlehre, nicht zuletzt setzt sich auch Rudolf Steiner mit der Temperamenten-Lehre auseinander und verankert diese in der Waldorf-Pädagogik.

Es versteht sich von selbst, dass viele Annahmen im Zusammenhang mit der Säftelehre aus heutiger rationaler Sicht eher naiver Natur sind. Dennoch ist gerade auch die Annahme Steiners, dass der Mensch ein Hologramm sei und alle Temperamente enthalte, nur in unterschiedlicher Gewichtung, ein interessanter Grundgedanke. Nur findet die moderne Psychologie an nicht messbaren Philosophien bekanntlich wenig Gefallen und so wird in der Postmoderne die Temperamentenlehre ein Mythos längst vergangener Tage.

In der Persönlichkeitspsychologie operiert man heute zumeist mit dem Fünffaktoren-Modell, Big Five. In diesem Modell wird kein konsistenter Charakter- oder Temperamenten-Typ ermittelt, sondern lediglich fünf Faktoren, die eine Persönlichkeit letztlich in der Gewichtung ausmachen: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus (Verletzlichkeit).

Die Bedeutung des ganzheitlichen Erfassens eines Menschen scheint in der Psychologie keine grosse Rolle mehr zu spielen. Der Fokus liegt etwa in der Psychopathologie eher auf dem Erfassen und Messen von spezifischen Krankheitsbildern. Im Eifer der Psychologie, aus dem Schatten der naturwissenschaftlichen Medizin zu treten und eine Eigenständigkeit in der akademischen Welt zu erlangen, sind ganzheitliche Reformbewegungen wie von Abraham Maslow und Martin Seligmann mit der Positiven Psychologie kaum wahrgenommen worden. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass sich andere Beratungsfelder wie die Seelsorge nach ganzheitlichen Modellen für die Arbeit mit Menschen umsahen und mit dem Enneagramm fündig werden. 

Die Erfüllung einer Verheissung und Stärken der Lebensmatrix

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der Psychologie kann man sich nicht zu Unrecht fragen, wieweit es denn auch wirklich hilfreich ist, mit einem Menschen-Typen-Modell zu operieren. Dazu einige einleitende Gedanken.

Ausgehend von der Maslowschen Bedürfnis-Pyramide ist es naheliegend, dass in unserer konsumgesättigten Gesellschaft die Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung weiter zunehmen. Persönlichkeitsentwicklung ist ein Thema mit hoher Aktualität. Nur, woraufhin sollten wir uns entwickeln? Was ist das Ziel? Welcher Weg führt mich dahin? Diese Fragen können nicht pauschal beantwortet werden. Dein Weg ist ein anderer als meiner. Nur, gibt es Gesetzmässigkeiten und Orientierungen, die dazu verhelfen, seinen ganz eigenen Weg zu finden und zu gehen? Gibt es eine Gebrauchsanweisung für das Leben?

Viele Typen-Modelle sind zu starr und werden der Komplexität des Menschen nicht gerecht. Viele sind aber auch zu diffus und zu beliebig, ein Flickwerk ohne klare Ordnung.

Gibt es die Antwort auf den dringenden Ruf von Sri Aurobindo nach einer Methode, die hinderliche Ego-Strukturen aufdeckt und transformierbar macht? Martin Bertsch hat sich auf die Suche gemacht und was er gefunden hat, ist atemberaubend. 

Teil 2: Entdeckung und Entwicklung der Lebensmatrix hin zum dreidimensionalen Seelenraum-Modell

Ursprünge und Ideen

Im Ursprung steht für Martin Bertsch nach der Jahrtausend-Wende die schwierige Frage, wie all die hartnäckigen Blockaden und automatisierten Muster aufgelöst werden können. «Wenn ich all das, was ich zu sein glaube, gar nicht bin… Wie kann ich zu dem finden, der ich wirklich bin?» Als verblüffend einfache Antwort auf diese Frage tritt nun eine interessante Gegenfrage auf: «Welche Optionen des Seins habe ich denn?» Wenn mich die bekannten Muster nicht mehr weiterbringen, gilt es also neue Muster zu erschliessen und die Verhaltens-Strategien zu erweitern. Hierzu ist aber naheliegend, sich auf einer inneren Landkarte zu orientieren, ungelebte oder zu wenig entwickelte Qualitäten zu sichten und zu entwickeln. Die Fragestellung aus der Lebenspraxis trifft nun auf ein esoterisches Modell der sieben Strahlen, wie es ursprünglich von Ende des 19. Jahrhunderts von Helena Petrowna Blavatsky und später ab 1919 auch von Alice Ann Bailey beschrieben wird. Die Grundidee, dass die ganze Schöpfung durchdrungen ist von sieben Grundqualitäten scheint sehr schlüssig und vertritt auch Rudolf Steiner, der sich ebenfalls aus der anglo-theosophischen Bewegung Blavatskys inspirieren lässt, bevor er 1913 die anthroposophische Bewegung gründet.

Ein farbiger Regenbogen mit unterschiedlichen Qualitäten, die das Leben durchdringen… Was für ein schöner Gedanke. Allerdings ist diese Idee im Ursprung stark geprägt von elitären esoterischen Lehren, die eine lebenspraktische Anwendung stark erschweren. Für Martin Bertsch ist es seit 2008 Ziel geworden, Grundgedanken der sieben Strahlen in einem einfach anwendbaren visualisierten Modell auf einer psychologischen Ebene in Entwicklungsprozessen mit KlientInnen zu erproben und zu erforschen.

Die zweidimensionale Lebensmatrix

Das Erforschen der sieben Grundqualitäten durch Introspektion und praktische Arbeit in Coachings, Therapien und in der Erwachsenenbildung in Kursen mündet 2013 in eine Visualisierung mit einer Sechseck-Figur. Dabei lehnt sich Martin Bertsch in der Darstellung an den klassischen Farbkreis an, wobei die Farben gegen innen immer heller, bis hin zu weiss werden, gegen aussen immer dunkler, bis hin zu schwarz.

Martin Bertsch realisiert in dieser Suche nach Ordnung in den sieben Grundqualitäten, dass in dieser Anordnung ein stimmiges Bild entsteht, an dem auch Johann Wolfgang von Goethe zum Teil auch mit Friedrich Schiller im Zusammenhang mit Farbqualitäten und den alten griechischen Temperamenten gearbeitet hat. Das Gesamtbild eines Fliessmodelles mit benachbarten ähnlichen Feldern, Übergängen und auch gegenüberliegenden Gegensätzen ist ein Quell von wichtigen Erkenntnissen und Zusammenhängen, die aber auch Fragen aufwirft und die Suchbewegung von Martin Bertsch verstärken. Immer mehr wird das Modell als Hologramm erschlossen, wobei die inneren Zusammenhänge immer deutlicher erscheinen.

Die Entdeckung der Interdependenz und Polarität von Farben und das 5. Temperament

Die Suche nach Gesetzmässigkeiten der menschlichen Seele führt zum Erforschen von polaren Gegensätzen und Interdependenzen im System. So erscheint es wichtig, dass in der Reifung der Seele immer ein zunehmend dynamisches Gleichgewicht entsteht zwischen den Gegensätzen, sich diese Gegensätze positiv ergänzen. So ist es etwa die Aufgabe, in der Macht (1) die Hingabe (6) zu üben und umgekehrt. Die Einfühlsamkeit (2) muss mit Befreiung (7) balanciert werden, das konkrete Wissen (5) mit der Gestaltwerdung (3).

Eine Frage, die sich mit der Beschäftigung der Polaritäten eröffnet, ist, welche Ergänzung die Farbe Weiss hat. Es ist offensichtlich, dass dies Schwarz ist und somit stehen auf einmal 7 + 1 Qualitäten im Raum. Das Prinzip der geistigen Harmonie (4) wird durch das irdische Prinzip der Stabilität (8) ergänzt.

In einem Beispiel lässt sich das Prinzip der Interdependenz und die neuen Ansätze, die sich dir eröffnen, anschaulich darstellen:

Walter ist ein Mensch, der eher weich und humorvoll wirkt. Er hat in seinem Leben immer wieder Schwierigkeiten erlebt mit der Durchsetzung (7, männlich extravertiert) und wurde mehrfaches Mobbing-Opfer. In einer Coaching-Begleitung sucht er Unterstützung bei der Aufarbeitung einer unschönen Kündigung und bei der beruflichen Neu-Orientierung.

Die Familien-Anamnese hat gezeigt, dass Walter ein Scheidungskind ist und die Mutter eher eine kritisch-urteilende Vaterrolle (1) lebte und das mütterlich einhüllende Element (2) zu kurz kam. Die Wirkung einer Kritik (1) ist Verunsicherung (6). Nun stellt sich die Entwicklungsaufgabe aufgrund seines Erlebens, eine Durchsetzungskraft (männliche Extraversion, 7) zu entwickeln. Wir können dies zum Beispiel mit Kampfspielen anregen. Ein anderer, nachhaltigerer Weg ist das Nachnähren im Inneren von Qualitäten. Martin Bertsch macht in einer Coaching-Sequenz nun für ihn eine bahnbrechende Entdeckung. Er lässt Walter eine der wenigen Situationen erinnern, in der seine Mutter ihm liebevoll einhüllend begegnet und lässt nachspüren, was sich dabei im Körper verändert. Als Test der Sequenz lässt er den Chef visualisieren und fragt nach dem Erleben. Das Einhüllende hat ihn gestärkt, so dass er selbstsicher seinem Chef begegnen kann!

Diese polare Erlebens-Qualität können wir auch als optischen Effekt beobachten. Stell dir vor, dass auf dich gelb wirkt. Starre das gelbe Feld ca. 30 Sekunden an. Dann schau auf das leere Feld rechts. Was siehst du? Aus deinem inneren erscheint violett!

In der Auseinandersetzung mit Hochsensibilität hat Martin Bertsch ab 2017 eine weitere interessante Erkenntnis, dass entsprechend der platonischen Körper von fünf Elementen ausgegangen werden kann. Die bekannten Elemente der griechischen Temperamente Erde, Wasser, Luft und Feuer sollten durch das geistige Äther-Element ergänzt werden, das 5. Temperament der Hochsensibilität. Gerade auch in diesem Bereich ist die Erkenntnis, dass inneres und äusseres Erleben genau getrennt werden sollte. Spielt man einer sensiblen Person eine kräftige, vielleicht auch disharmonische Musik vor, wird dies meist als unangenehm erlebt (Erleben im Aussen). Wird diese Qualität im Inneren erlebt, führt es zu einer Harmonisierung und Stärkung! Diese polaren Effekte bestehen auch in Bezug auf die Farben. Zum Beispiel eine rote Mauer ansehen führt zu einem Gefühl, zurückgedrängt zu werden (Introversion), sich im Inneren als rot sehen, führt zu einer Extraversion.

Körperachtsamkeit und Flowing Presence, Bewusstsein als (die einzige) verändernde Kraft in uns

Über die Arbeit an sich selber und vor allem Körperbewusstseins- und Trauma-Arbeit mit KlientInnen macht Martin Bertsch ab 2015 eine interessante Erfahrung: Das Bewusstsein ist eine verändernde, transformative Kraft! Es geht also nicht darum, bewusste Kompensations-Strategien zu erlernen, sondern im Wesentlichen darum, Blockaden wahrzunehmen, zuzulassen und sie sich transformieren zu lassen durch die Bewusstwerdung. Martin Bertsch nennt diese Erfahrung „Flowing Presence“, weil das Gegenwärtig-Sein eine nachhaltig transformative Kraft ist, vielleicht sogar die einzige unserer Seele.

In Recherchen zeigt sich, dass in der Methode des Focusing von ähnlichen Phänomenen die Rede ist und dazu Prof. Eugene Gendlin ausgiebig geforscht hat. Nur, die Methode des Flowing Presence ist noch unmittelbarer, schlichter und kraftvoller. Dazu ein Beispiel:

Gerda ist selber in der kreativen Medienbranche tätig und erlebt immer wieder schwierige Beziehungsmuster. Dabei erlebt sie einen Schmerz in der Herz-Gegend. Daraus entwickelt sich in einem Coaching ein 5 – 10-minütiger Dialog wie folgt:

Coach: «Oft reagieren wir auf Schmerz mit einer Kontraktion als Abwehrmechanismus. Wir versuchen, das Unangenehme zu vermeiden. Das erscheint uns zunächst ganz normal. Nur, wir sind uns oft nicht bewusst, wie hoch dieser Preis des Vermeidens ist. Wir können an dieser Stelle, wenn du dafür bereit bist, ein Experiment machen. Nämlich den Schmerz einfach zulassen. Das braucht oft Vertrauen, weil der Schmerz zunächst grösser oder anders werden kann. Wir gehen ein scheinbares Risiko dabei ein. Nur, die Erfahrung zeigt ausnahmslos, dass diese «Erstverschlimmerung» bald abklingt. Alles, was es für diesen transformativen Prozess braucht, ist, sich einzulassen und mit deiner Achtsamkeit den Schmerz zu begegnen. Bist du dafür bereit? Möchtest du das ausprobieren?»

Gerda: «Ja, unbedingt. Ich stehe schon so lange an dieser Schwelle und habe das Gefühl, dass kein Weg aus dieser Sackgasse führt. Ich habe noch keinen Weg gefunden. So kann ich mir gut vorstellen, dieses Experiment auszuprobieren.»

Coach: «Okay, gut. Dann möchte ich anregen, dass du die Augen schliesst und dich etwas entspannst. Richte dann die Aufmerksamkeit auf deine Herzgegend und den Schmerz und nimm den Schmerz einfach wahr. Wie fühlt sich dieser Schmerz genau an? Wie ein dumpfer Schmerz? Wie ein Zuschnüren oder wie ein Stich…?»

Gerda: «Es ist wie ein Stich mit einem Messer mitten ins Herz.»

Coach. «Okay. Das mag jetzt etwas Mut erfordern, aber versuche das einfach zuzulassen…. Verändert sich da etwas?» 

Gerda: «Ja, es ist seltsam, der Schmerz verteilt sich, wird flächiger, nicht mehr so konzentriert…»

Coach: «Gut, lasse diese Ausbreitung jetzt einfach zu. Nimm wahr, wie dieser Schmerz sich verteilt, nimm diese Bewegung wahr und versuche es zuzulassen…»

Gerda: «Es verteilt sich immer mehr, bis zur Körperoberfläche und darüber hinaus. Es geht noch weiter… Jetzt ist es so, dass sich die Ausdehnung bis zu einer Membran erweitert. Es ist, wie wenn jetzt eine Membran entsteht um mich herum…»

Coach: «Wie fühlt sich diese Membran an?»

Gerda: «Es ist so, wie wenn das semipermeabel ist, ein Teil dringt durch, ein anderer Teil wird abgehalten. Das fühlt sich wie ein Schutz an, ich werde beschützt…»

Diese faszinierende Entdeckung macht Mut, jede Art von Blockade anzugehen. Dabei kann es durchaus sein, dass im Rahmen der Energiefreisetzung aus dem Körpergewebe Reaktionen wie zum Beispiel heftiges Zittern einsetzen als Begleiterscheinung eines tieferen Heilprozesses.

Nicht selten ist es so, dass unsere Blockaden gar nicht mehr wahrgenommen werden. Der Zugang ist dann herausfordernd und zeigt sich nur, wenn man ein Grundthema im Zusammenhang mit diesem inneren Konflikt anstösst, wenn wir sozusagen mit unseren Schatten und ungelebten Seiten in Berührung kommen. Dazu ist die Lebensmatrix ein hervorragendes Instrument, um diese Anteile sichtbar zu machen.

Die dreidimensionale Lebensmatrix, horizontale und vertikale Typen

Ab 2021 beginnt Martin Bertsch das zweidimensionale Lebensmatrix-Modell zu erweitern zu einem dreidimensionalen Kugelmodell. Wie der Farbkreis ist auch die Farbkugel keine Neuentwicklung. Erste Farbkugeln wurden 1611 entwickelt. Der Künstler Philipp Otto Runge zeichnete 1810 seine Version. Später beschäftigten sich auch Wilhelm Wundt, Begründer der wissenschaftlichen Psychologie und der Künstler Johannes Itten mit der Farbkugel. Wenn auch die Entdeckung der Farbkugel nicht neu ist, so ist im Zusammenhang mit der menschlichen Typologie die Lebensmatrix als dreidimensionale Farbkugel eine bahnbrechende Entdeckung.

Farbenkugel

Hier unsere Version einer bewegten Farbkugel als dreidimensionale Lebensmatrix (die Kugel kann mit dem Cursor beliebig bewegt werden) und die Aussenansichten.

Zur Mitte hin besteht eine Indifferenz eines harmonischen aber unkonturierten Typus, der als 9. Typus nach dem schwarzen zuletzt sichtbar wird. Die menschlichen Typen können nun wie folgt zugeordnet werden, wobei die Wirkung der Farbe nicht zufällig, sondern nach farbpsychologischen Wirkprinzipien gewählt wurde. Rot (im Innen erlebt) steht für das Lebhafte, Extravertierte, Grün für das konzentrische Prinzip der Introversion. Gelb (Innen) wirkt sanft ausdehnend, einhüllend, während das dem Roten verwandte Violett kraftvoll und durchsetzungsstark wirkt. Orange (innen) wirkt belebend weich, geschmeidig tänzerisch, während Blau ernsthaft, organisiert und machtvoll wirkt. Die erlebte Farbbedeutung entspricht den in den sieben Strahlen beschriebenen kosmischen Grundqualitäten auch rational farbpsychologischen Bedeutungsmustern.

FarbeArchetypEigenschaften
blauDirektor

Autokrat
machtvoll, kontrollierend, führend, strategisch, integer, organisiert

starrköpfig, unflexibel, unfreundlich, herrisch
gelbEmpath

Symbiotiker
einfühlsam, wertschätzend, empathisch, fürsorglich, mütterlich, sanftmütig

überfürsorglich, vereinnahmend, unabgegrenzt, entmündigend, aufopfernd
rotKreator

Aktionist
schöpferisch, praktisch, tatkräftig, handlungsorientiert, engagiert

unüberlegt, verausgabend, unstrukturiert, überfordert, überaktiv
weissInspirator

Konspirator
intuitiv, vielfältig, ganzheitlich, weltoffen, tiefschürfend, sensibel, ästhetisch

perfektionistisch, verletzlich, kompliziert, abgehoben, weltfremd
grünAnalytiker

Kritiker
überlegt, durchdacht, kritisch, analytisch, sachlich, strukturiert

nörgelnd, urteilend, unflexibel, pedantisch, besserwisserisch
orangeEnthusiast

Chaot
geniesserisch, flexibel, offen, begeisterungsfähig, hingebungsvoll

verführbar, anfällig, hedonistisch, süchtig, unstrukturiert
violettMotivator

Fanatiker
kraftvoll, durchsetzungsstark, konfliktfähig, kämpferisch, entwicklungsfreudig

besessen, rücksichtslos, vereinnahmend, grenzüberschreitend
schwarzMatador

Aggressor
stark, heldenhaft, kompromisslos, unbeeinflussbar, egozentrisch, einfach

selbstbezogen, grob, materialistisch, verletzend, aggressiv
grauHarmonist

Konformist
ausgeglichen, ruhig, unauffällig, bescheiden, bereitwillig, harmonisch

wankelmütig, regrediert, unkonturiert, roboterhaft, ungreifbar

Die Verteilung der Typen auf der Horizontal-Ebene im Spannungsfeld der Polaritäten weiblich-rezeptiv, männlich-proaktiv, introvertiert-konzentriert und extravertiert-lebhaft kann wie folgt dargestellt werden. Dazu passen die jeweiligen Bewusstseinstätigkeiten denken, empfinden, wollen und fühlen.

Neben den horizontalen Typen ergänzen im dreidimensionalen Modell die vertikalen Typen die Lebensmatrix. Diese Typen sind auf der horizontalen weltlichen Ebene unspezifisch-ausgeglichen, unscheinbar, aber entsprechen unterschiedlichen Bewusstseinsstufen. Das Schwarze dem Tierisch-Untermenschlichen, Instinkthaften und Unbewussten; das Graue dem Unspezifischen regredierten, nicht verwirklichten, aber wachbewussten Menschen; das Weiss dem Engelhaften, Intuitiven, Überbewussten und Transzendenten.

Das Menschliche erwächst aus dem unbewussten Bereich und möchte sich horizontal ausdehnen, wachsen und sich in der Welt verwirklichen. Es möchte in verschiedenen Feldern Erfahrungen machen und dadurch wachsen. Die horizontale Ausdehnung kann regelmässig oder unregelmässig sein. In letzterem Fall bestehen ungelebte Anteile, Schatten-Teile. Wenn eine spezifische Qualität besonders oder übermässig gelebt wird, können wir von einer Exzentrik oder erhöhten egoischen Anteilen sprechen. Die peripheren Anteile sind unbewusst.

Wenn wir nun das gesamte Modell anschauen, können wir neben der äquatorialen horizontal-Fläche (mitte, farbiger Farbkreis) in der Kugel eine unentwickelte, instinkt-bestimmte (unten, dunkler Farbkreis) und oben eine aufgehellte Ebene mit jeweils wieder den sechs horizontalen Typen definieren.

Das Bild oben zeigt drei Ebenen in der Lebensmatrix (dunkel, farbig und hell) mit den Bewusstseinsstufen nach Gebser und Spiral Dynamics. Die drei Ebenen enthalten Untertypen, respektive Typen, die sich weiterentwickeln in vertikaler Hinsicht. Etwa der Krieger (dunkelrot) zum Sportler (körperbetont und extravertiert, aber sublimierte Gewalt) zum Artisten (Ästhetik als Transzendenz der Körperbetonung). So hat jedes Feld ein horizontales Integrationsfeld (Qualität, die am weitesten weg ist, zum Beispiel Sportler und Gelehrter, Extraversion und Introversion) und ein vertikales Entwicklungsfeld hin zur Transzendenz (der Sportler zum Artisten und letztlich zum Inspirator).

Diese Grafik setzt Ken Wilbers Impuls einer dreidimensionalen Typologie vollständig um und ist aus Sicht von Martin Bertsch ein holistisches Typen-Modell der Zukunft. Doch über eine transparente und hochdifferenzierte Struktur der menschlichen Seele hinaus ist das Faszinosum der Lebensmatrix, dass es in der Arbeit von Martin Bertsch immer spürbarer geworden ist, dass die Lebensmatrix nicht ein abstraktes Modell ist, sondern eine Sichtbarwerdung des menschlichen Seelenraumes, in dem wir tatsächlich leben.

Das Seelenraum Modell und hypnosystemische Teilearbeit

Stell dir nun vor: Du bist umgeben von einer Kugel: Gegen unten hin wird sie dunkel, es sind die Materie-Kräfte, es ist Gaia, die Erdkraft, die von unten wirkt und dich durchströmt und nach oben fliesst. Gegen oben hin wird es heller, weisser, von hier wirkt die Himmelskraft der Transzendenz von oben auf dich. In der Durchdringung dieser Kräfte entsteht die vitale Lebenskraft in deiner Mitte (Herzregion), im Osten als Chi oder Prana bezeichnet.

Vor dir ist dein inneres Kind, die lebhafte Seite in dir, die andere Menschen begegnen und berühren möchte. Hinter dir stehen deine Ahnen, Grosseltern, Eltern: Sie stärken dir den Rücken und geben dir all ihre Erfahrung weiter. Rechts hinten steht dein Vater, gibt Sicherheit und Struktur, links hinten die Mutter und hüllt dich liebevoll und einfühlsam ein. Rechts ist dein innerer Freund oder Partner, links deine Freundin oder Partnerin: Zusammen schreitet ihr durch das Leben, du bist nie allein. Rechts vor dir ist dein innerer Sohn, links die innere Tochter, die lebhaft die Welt erkunden und neugierig Erfahrungen machen. Oberhalb von dir schwebt ein geistiger Führer oder Engel, ein innerer Meister oder Guru, der dich inspiriert und führt: Du darfst dich ihm anvertrauen. Unterhalb wirken deine impulsiven tierischen Kräfte, lebt dein Drache: du darfst seiner unbändigen Kraft Form und Richtung geben.

Wir leben in der Lebensmatrix, im mütterlichen Schoss einer universalen Schöpfung voller Liebe und Leben und es gibt so viel zu entdecken und zu geniessen. Du darfst dich berühren lassen, dich öffnen. Du darfst alle deine Lebendigkeit in die Welt verströmen und bildest so einen Kreis der Wirkkräfte, in dem deine persönliche Lebensmatrix mit der grossen Matrix, der unendlichen ewigen Schöpfung.

Dies ist die grosse Vision von Martin Bertsch. Quer durch verschiedene Weltanschauungen und Philosophien, geistreichere und irrlichternde hat sich diese Vision immer deutlicher gezeigt. Es geht nicht darum, dieses oder jenes zu haben, es geht darum, der oder die zu sein, der oder die wir sind, ganz und gar.

Alles, was uns von dieser Ganzheit abhält wird in der Lebensmatrix als ungelebte, unbelebte Seite sichtbar und darf erschlossen werden. Es ist faszinierend, wie unsere Biografie uns nicht determiniert, sondern als Herausforderung zu verstehen ist, über uns selbst hinauszuwachsen und uns dem grossen Ganzen entgegenzustrecken. So wie einst Milton Erickson gemeint hat: «Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit gehabt zu haben», können wir in eine echte Versöhnung mit der Welt gelangen durch eine innere Teilearbeit, wo jeder Aspekt seinen genau bestimmten Platz hat. Es geht nur darum, die Gnade in allem zu erkennen und unsere Lebensmatrix allseitig zu beleben.

Teil 3: Praktische Arbeit mit der Lebensmatrix

Einführung

Es bleibt am Schluss dieses Artikels nicht mehr viel mehr zu sagen. Ausser vielleicht jenes: Das Leben will nicht verstanden, sondern gelebt werden. In diesem Sinne kann dieser Artikel nur eine Anregung sein, sich auf den inneren Weg zu machen. In verschiedenen Kursen wie dem Erfahrungstag Lebensmatrix, dem Jahrestraining Lebensmatrix (ab 2023) und der Coaching Ausbildung (Integrales Tiefen Coaching) werden auf kreative Weise Erfahrungsräume geschaffen, um die Lebendigkeit der Lebensmatrix zu erfahren. Für viele eine Offenbarung und ein Augenöffner. Als Ausblick und Anregung an dieser Stelle noch einige Gedanken für die Praktische Arbeit.

Differenzielle Diagnostik

Die Typologie der Seelenmatrix beschränkt sich nicht auf die psychische Ebene des Menschen, auf Charakter- und Temperaments-Strukturen, sondern umfasst alle Ebenen der menschlichen Offenbarung. Den Körper, die Hände, das Gesicht, die Haut… sie sprechen eine Sprache, die grob als Körper-Typen klassifiziert werden können.

Im Kontakt zu Menschen wird das Temperament und die Charakter-Struktur des Menschen spürbar. Neben diesen körperlichen und seelischen Aspekten gibt es womöglich auch noch geistige Aspekte, die zum Beispiel in der Astrologie sichtbar werden. Es gilt, dass unsere Wissenschaft gerade auch geistigen Wirkfeldern gegenüber unvoreingenommener und offener wird und nicht bloss voreingenommen urteilt über das Mysterium des Lebens, das letztlich nur zu einem winzigen Teil rational erfassbar ist (wenn überhaupt). So kommt der Persönlichkeitsforscher Hans Jürgen Eysenck, einer der einflussreichsten Psychologen, in statistischen Untersuchungen zum Schluss, dass es signifikante Hinweise auf Zusammenhänge von astrologischen Konstellationen und der menschlichen Psyche gebe. (vgl. Wikipedia Hans Jürgen Eysenck). Martin Bertsch selbst macht erstaunliche Erfahrungen damit, in Assessments und Anamnesen den Wochentag, an dem man geboren worden ist, einzubeziehen, zumal die sieben Strahlen und Wirkkräfte offenbar als planetarische Einflüsse auf Wochentage (die im Sprachgebrauch noch erkennbar sind, z.B. Sonn-Tag, Mond-Tag, Mercredi (Merkur-Tag) etc.) einwirken.

Letztlich ist der Mensch ein Konglomerat aus verschiedensten, zum Teil widersprüchlichen Anteilen und es ist die Herausforderung oder noch mehr die Kunst eines Beratenden, hier eine Reduktion der Komplexität zu vollziehen und einzelne Schritte zur Harmonisierung und Ganzwerdung zu definieren. Letztlich ist immer auch eine biografische Dimension mitbeteiligt, denn was wir sehen, hat immer eine Entstehungsgeschichte und ist nur relativ und zeitspezifisch. In diesem Sinne darf eine Typologie nicht verabsolutiert werden, sondern ist ein relatives, zeit-räumliches und was besonders wichtig ist, ein veränderbares Konstrukt.

Systemische Anamnese und Prägungen

Eine Typologie des Menschen braucht immer auch eine biografische Herleitung dessen, was sichtbar wird. Ein Bespiel von Ulrich kann dies verdeutlichen:

Ulrich ist ein sehr reflektierter, intelligenter Mann, wirkt introvertiert, hat aber auch schalkhaften Humor. In seiner Kindheit erlebt er Gewalt-Übergriffe seines kranken Vaters, der oft cholerische Ausbrüche ausgehend von seinem Frustrations-Erleben hat. Ulrich ist ein Samstags-Kind (Saturday – Saturn-Tag), hat also geistig gesehen Anlagen einer männlichen Extraversion. Sein Charakter-Typus ist allerdings aufgrund der biografischen Einflüsse ganz anders gelagert. Die negativen Gewalt-Exzesse (dunkel-violett, männlich extravertiert, instinktiv-aggressiv) seines Vaters führten zu einer Störung seiner eigenen Selbstwahrnehmung als starker Mann und förderten eine Introversion, Melancholie und Verleugnung des eigenen Mann-Seins und überdies auch eine spirituelle Suche (Sensibilität, weiss). Auch wenn dies als Ausweitung in der Matrix angesehen werden kann, geschieht eine solche unbewusste Ausprägung von Mustern und Blockaden eher im Sinne einer Kompensation denn als Integration und es geht darum, in einer Spurensuche am einfachsten durch Körper-Aufmerksamkeits- und Bewusstseins-Arbeit eine echte Integration anzustreben. Es geht hierbei im Wesentlichen um eine innere Versöhnung mit psychischen Anteilen, unter anderem auch ein Nachnähren einer biografisch zu schwach erlebten Mutter (gelb) mit Fokus auf eine einhüllende mütterliche Qualität, um die eigene starke Männlichkeit (violett) (ähnlich wie weiter oben im Fall von Walter beschrieben) zu erleben. In solchen Prozessen ist der Körper, respektive Körper-Bewusstseins-Arbeit immer die verlässlichste Quelle und das verlässlichste Instrument für transformative Prozesse.

Die vier Schritte der Reifung

In der komplexen Persönlichkeits-Entwicklungs-Arbeit des Integralen Tiefen Coachings mit der Lebensmatrix versucht Martin Bertsch, vier einfache Schritte zu definieren als Orientierung in inneren Wachstums-Prozessen:

1. Leid: Leben im Schatten des Unbewussten
Du bist getrennt von allem. Herausforderungen sind Probleme, die nichtsmit dir selbst zu tun haben. Das Leben ist leidvoll und du bist ein Opfer.

2. Transformation: Wachsen an deinen Blockaden
Du nimmst den Schmerz wahr und entwickelst Achtsamkeit und Stärke,
um die Energie der Blockaden für persönliche Reifung zu nutzen.

3. Authentizität: Dein Naturell entdecken und leben
Du erkennst jenseits von Prägungen und Mustern dein ureigenes
Temperament und kannst dich so wie du bist liebevoll annehmen.

4. Ganzsein: Integration der Schatten, Potentiale leben
Du nutzt die Macht deiner bislang ungelebten Seiten, kannst sie als
Potentiale des Ganzseins nutzen und dich dem Strom des Lebens hingeben.

Weiterführende Kurse und Ausbildungen: